Seit Ausbruch der Corona-Pandemie koordiniert der Kurdische Rote Halbmond in Rojava die Informations- und Präventionsarbeit zu Covid-19 mit den Gesundheitsstrukturen der Selbstverwaltung in Flüchtlingscamps, Schulen und in der breiten Öffentlichkeit. Mit Unterstützung von medico international schweiz und der Tessiner Stiftung FAI konnte die erste Covid-Klinik in der Nähe der kurdisch-arabischen Stadt Hassakeh und dem dortigen Flüchtlingscamp Washokani eingerichtet werden. Als im Frühling 2021 eine grosse Corona-Welle Rojava überrollte, füllte sich das Krankenhaus und sämtliche Betten waren besetzt.

Viele kurdische Menschen in Rojava sind gezeichnet durch jahrzentelange Unterdrückung und Entwürdigung und kennen keine oder lediglich prekäre medizinische Einrichtungen. Sie haben das Vertrauen in den syrischen Staat komplett verloren. Mit Öffentlichkeitsarbeit und vielen Grussbotschaften der Genesenen gelang es dem Roten Halbmond mitten in der Pandemie das Vertrauen in das neue Covid-Spital zu gewinnen.

Trotzdem: zu Beginn der Pandemie starben viele Erkrankte, weil sie erst im letzten Moment ins Krankenhaus gebracht wurden. Für die oft sehr jungen Pflegekräfte war die Belastung schwer aushaltbar. Nicht zuletzt weil ‘jedes Leben retten’ – ob bei Angriffen der Türkei und der dschihadistischen Milizen oder im Covid-Spital – für die medizinischen Teams in Rojava ein Akt des Widerstands ist. Auch die sogenannten care takers und das Reinigungspersonal, alles junge Frauen aus dem Washokani Flüchtlingslager, standen unter hoher Belastung im Einsatz. Sie übernehmen sowohl die Spitalreinigung als auch die Grundpflege der Patient*innen. Dank psychosozialer Begleitung konnte der Rote Halbmond in dieser schwierigen Zeit nicht nur das gesamte Personal unterstützen, sondern förderte auch die Kommunikation mit den Angehörigen der Covid-19 Patient*innen.

Das Projekt wurde 2021 abgeschlossen. Dank der sinkenden Covid-Fallzahlen oder auch der Tatsache geschuldet, dass das Omikron Virus weniger verheerende Krankeitsverläufe verursacht, ist das Covid Hospital aktuell nicht mehr belegt. Je nach Entwicklung der Pandemiesituation wird das Spital wieder aktiviert oder für eine andere Patient*innengruppe (z.B. innnere Medizin, Pädiatrie) angpasst werden.

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Ausführende Partneroranisation

Der Kurdische Rote Halbmond oder Heyva Sor A Kurd ist eine unabhängige, neutrale Nichtregierungs- und Non-Profit-Organisation in Nordostsyrien (Rojava), die 2012 gegründet wurde, um die dringenden, lebensrettenden Gesundheitsbedürfnisse der vom Konflikt im Nordosten Syriens betroffenen Menschen zu erfüllen. Ihren ersten Einsatz leistete Heyva Sor beim genozidalen Angriff des IS auf das ezidische Siedlungsgebiet im Shengal, Nordirak. Das Personal des Kurdischen Roten Halbmondes ist im Bereich des humanitären Völkerrechts geschult und wendet den Verhaltenskodex der Internationalen Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften an1, d.h. es verorgt unter anderem auch verletzte IS-Kämpfer, was für die medizinischen Kräfte eine grosse psychische Herausforderung war und ist. Denn der IS hat auch viele Familienanghörige der Mitarbeiter*innen von Heyva Sor brutal umgebracht.

Der Kurdische Rote Halbmond hat in den zehn Jahren des Konflikts in der Region eine entscheidende Rolle bei der Stärkung der Kapazitäten, der Widerstandsfähigkeit der von Katastrophen betroffenen lokalen Gemeinschaften, der Bereitstellung von Soforthilfemaßnahmen zur rechtzeitigen Rettung von Menschenleben und der medizinischen Notversorgung von Kriegsverletzten und Vertriebenen gespielt. Unter anhaltenden Risiken leistet das Team ihren medizinischen Dienst für die Menschen Rojavas und versucht, zusammen mit der Selbstverwaltung ein funktionierendes Gesundheitssystem aufzubauen. Zudem setzt sich der Kurdische Rote Halbmond für die Beseitigung aller Formen der Diskriminierung von Frauen und für die Förderung ihrer Teilnahme an der gesellschaftlichen Entwicklung ein.

1 Heyva Sor wird aber nicht als Mitglied der internationalen Rotkreu- und Rothalbmond-Bewegung anerkannt, da es gemäss Richtlinien nur eine Mitgliedorganisation pro Land geben kann und diese Position vom Syrischen Roten Halbmond der Assad-Regierung besetzt ist.