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[Aktualisiert 5. September 2025]
Seit bald zwei Jahren verübt Israel in Gaza einen Völkermord – zu diesem Schluss kommen internationale und israelische Menschenrechtsorganisationen und Genozid-Forscher*innen, zuletzt im Juli 2025 die International Association of Genocide Scholars (IAGS) in einer offiziellen Resolution.
Seit Oktober 2023 dokumentieren die palästinensischen Gesundheitsbehörden mindestens 60’000 Toten und mehr als 150’000 Verletzte (Humanitarian Situation Update #307 | Gaza Strip, OCHA). Bereits im Juli 2024 warnte eine im The Lancet veröffentlichte Studie, dass die realen Opferzahlen wohl rund 40 % höher liegen – und sie steigen mit jedem Tag weiter an. Krankenhäuser sind zerstört, Städte in Trümmern, die Menschen zusammengepfercht in Zeltlagern ohne Schutz, ohne Versorgung, in ständiger Lebensgefahr. Im Zuge der erklärten Pläne Israels, Gaza dauerhaft zu besetzen, gehen die Angriffe unvermindert weiter: Die Zivilbevölkerung wird bombardiert, Journalist*innen und Gesundheitspersonal werden gezielt ins Visier genommen.
Auch die systematische Aushungerung der Bevölkerung ist ein erklärtes Mittel der israelischen Kriegsführung – und ein klarer Bruch des Völkerrechts. Hilfslieferungen werden von Israel blockiert, während die Verteilung durch die Gaza Humanitarian Foundation (GHF) politisch instrumentalisiert und lebensgefährlich ist (OHCHR Medienmitteilung 24. Juni 2025). Im August 2025 hat die internationale Ernährungs- und Versorgungsklassifikation (IPC) offiziell bestätigt: In Gaza herrscht Hungersnot. Über eine halbe Million Menschen leiden an akuter Unterernährung, und die Zahl der durch Mangelernährung verursachten Todesfälle steigt täglich (UN News 13. August 2025).
Mitten in diesem unfassbaren Horror unternehmen die medico-Partner*innen in Gaza alles, um weiter lebensrettende Hilfe zu leisten. Wir stehen so gut es geht mit unseren Partnerorganisationen in Kontakt, um flexibel auf sich öffnende Handlungsfenster zu reagieren und unsere Nothilfe den Bedürfnissen und Möglichkeiten vor Ort anzupassen:
Die Palestinian Medical Relief Society (PMRS) ist die grösste nichtstaatliche Gesundheitsorganisation in den besetzten palästinensischen Gebieten. In Gaza arbeiten ihre Teams unter extremsten Bedingungen weiter: Sie versorgen Verletzte, unterstützen Binnenvertriebene medizinisch und psychosozial, beugen Infektionskrankheiten vor und betreuen mit einem erweiterten Hebammenteam schwangere Frauen in Notunterkünften. Immer wieder werden ihre Gesundheitsposten zerstört und müssen neu aufgebaut werden.
PMRS gehört wegen ihrer Unabhängigkeit, Professionalität und Erfahrung zu den der führenden Organisationen für medizinische Grundversorgung im gesamten Gazastreifen und wird daher bei Hilfslieferungen prioritär berücksichtigt. Häufig ist sie die einzige Organisation, die Medikamente für chronisch Kranke bereitstellen kann. Nachdem Mitte Juni 2025 die ohnehin knappen Vorräte fast erschöpft waren, konnte die PMRS im August erneut dringend nötige Medikamente Materialien beschaffen – auch wenn die Mengen für die Versorgung der Bevölkerung weiterhin unzureichend sind. Ärzt*innen, Pfleger*innen, Therapeut*innen und Hebammen leisten unter Lebensgefahr, oft selbst erschöpft und traumatisiert, einen unverzichtbaren Beitrag für die medizinische Grundversorgung in Gaza. > Interview mit Bassam Zaqout, Arzt und Koordinator PMRS in Gaza.
Die Aktivist*innen der Jugendorganisation Mayasem Association for Culture and Arts, deren Kulturzentrum in einem kleinen Ort bei Khan Younis beheimatet war, sind selbst zu Binnenvertriebenen geworden. Trotz dieser Herausforderung hat sich das Kollektiv neu organisiert und ihre Hilfsleistungen bis heute weiter professionalisiert: Es betreibt Suppenküchen, verteilt Lebensmittel und Trinkwasser, hilft beim Aufbau von Zelten und Infrastruktur und bietet Aktivitäten wie Theateraufführungen und improvisierten Schulunterricht für Kinder und Jugendliche an. Im Juni 2025 wurden bei israelischen Luftangriffen zwei Zelthallen der Mayasem Association im südlichen Gazastreifen zerstört. Zwei Mitarbeitende der Organisation wurden getötet (> zum Bericht). Doch ans Aufgeben denken die Teams von Mayasem nicht. Nur knapp drei Wochen später haben sie ein neues Camp für 25 Familien aufgebaut – mit Wohnzelten, sanitären Einrichtungen, Kochmöglichkeiten und Kinderbetreuung.
Das Gaza Community Mental Health Programme (GCMHP) bietet psychiatrische Erste Hilfe und Notfallinterventionen in verschiedenen Regionen im Gazastreifen an. In immer wieder neu improvisierten Räumen führen sie Einzel-, Familien- und Gruppensitzungen mit Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern durch und betreiben eine telefonische Hotline für psychologische Beratung. Zudem hat die Ausbildungsverantwortliche des GCMHP angesichts der aktuellen Situation die Initiative «Helping the Helpers» (Hilfe für Helfenden) ins Leben gerufen, in der sich psychologische Fachkräfte gegenseitig stärken, um ihre Arbeit fortzusetzen zu können und sekundäre Traumatisierungen vorzubeugen. Der Vorteil: Die psychologische Nothilfe benötigt kaum Material. Die gezahlten Löhne helfen den Fachkräften und ihren Familien, soweit möglich dringend benötigte Güter zu beschaffen.
Die Menschen in Gaza brauchen weiterhin unsere Solidarität. Humanitäre, medizinische und psychosoziale Hilfe wird noch lange nötig sein. Vielen Dank für deine Spende!