Vietnam hatte im letzten Jahr nicht nur mit der Corona-Pandemie zu kämpfen. Im Oktober wurde das Land von zerstörerischen Stürmen und Taifunen heimgesucht, wie es sie seit 20 Jahren nicht mehr gab. Schwere Überschwemmungen und Erdrutsche waren die Folge. In dieser Krisenzeit haben die freiwilligen Gesundheitspflegerinnen der medico-Partnerorganisationen enormes für die lokale Bevölkerung geleistet.

Caroline Truong & Anjuska Weil

Die Anzahl mit Corona infizierter Personen ist in Vietnam vergleichsweise gering geblieben. Trotzdem stellt das Virus besonders für die ältere und marginalisierte Bevölkerung ein reales Risiko dar; nicht nur gesundheitlich, sondern auch wirtschaftlich. In Vietnam leben Senior*innen oft in ärmlichen Verhältnissen und sind deshalb besonders vulnerabel. In dieser schwierigen Zeit nahmen unsere Partnerorganisationen, Association of the Elderly (AoE) in HuÈ, das Center for Ageing Support and Community Development (CASCD) in Ha Giang sowie das Projekt für die Opfer von Agent Orange in A Luoi eine wichtige Rolle ein. Gleich zu Beginn der Pandemie schulten sie das ehrenamtliche Gesundheitspflegepersonal, um die Mitglieder der Alters- und Selbsthilfeclubs über die Gefahren des Virus und die Vorsichts- und Hygienemassnahmen aufzuklären.

Ich bin eine Beschreibung

Taifun Molave

Während Vietnam immer noch mit den Folgen der Pandemie kämpfte, erreichten im Oktober 2020 schwere Stürme und Taifune die zentralvietnamesische Küstenregion, wo die AoE aktiv ist. Sie hinterliessen ein Bild der Verwüstung: Gebäude, die lokale Infrastruktur und landwirtschaftliche Nutzflächen wurden zerstört. Mindestens 1.5 Millionen Menschen waren von den Auswirkungen des Taifuns Molave betroffen und über 230 Todesopfer und Vermisste wurden beklagt.

In den Altersclubs in der Region Thua Tien HuÈ werden seit Jahren Workshops durchgeführt, um die Mit-glieder auf Naturkatastrophen vorzubereiten und das richtige Verhalten in Notfallsituationen zu üben. Glücklicherweise überstanden sie die Überschwemmungen unbeschadet. Die nachfolgenden Gesundheitschecks durch die ehrenamtlichen Gesundheitspflegenden halfen den Senior*innen den Schock zu verarbeiten und ihnen Sicherheit zu vermitteln.

Frauen* im Einsatz für Gesundheit

Die Ereignisse im Jahr 2020 haben uns die Wichtigkeit der freiwilligen Gesundheitspfleger*innen erneut klar vor Augen geführt. Wie auch in anderen Teilen der Welt, wird in Vietnam unbezahlte Betreuungsarbeit mehrheitlich von Frauen* geleistet. In Hà Giang zum Beispiel ist der Anteil ehrenamtlich engagierter Frauen* in den von medico unterstützten Selbsthilfegruppen bei 64%. Die Aktivitäten reichen von der täglichen Pflege über Kinderbetreuung bis hin zu Arbeiten auf dem Reisfeld.

Auch in den Bereichen Organisation und Weiterbildung nehmen Frauen* eine bedeutende Rolle ein. Es war die Schriftstellerin Nguyen Thi Ngoc Trai, die CASCD gegründet und viele Jahre als Präsidentin geführt hat. Sie und auch ihre Schwestern stellten schon als junge Frauen* ihre Bildung und ihr Wissen in den Dienst der Befreiung des Landes. Während eine Schwester als Gynäkologin die Frauen*bataillone auf der Ho Chi Minh-Piste begleitete, hat sich Nguyen Thi Ngoc Trai zivilgesellschaftlichen Aufgaben gewidmet. Unter ihrer Federführung entstand 1991 das Research Center for Aging Support (RECAS). Die Organisation initiierte die Arbeit mit alten Menschen und hat später auch die Regierung zum Thema Alterspolitik beraten. «Unser Ansatz war es, dezentrale Betreuungsangebote zu schaffen, die im Gegensatz zu teuren Altersheimen den realen Bedürfnissen der älteren Menschen entsprachen,» so Nguyen Thi Ngoc Trai. Nach gut zwanzig Jahren wurde dann der Fokus auf die gemeindebasierte Entwicklung hin (community development) erweitert und CASCD entstand. Über all die Jahre war Ngoc Trai Präsidentin von RECAS wie auch von CASCD.

Auch ihre Nachfolgerin, Dr. Nguyen Kim Toan, setzt sich seit Jahren unermüdlich für die Gesundheit und das Wohlbefinden von älteren und marginalisierten Bevölkerungsgruppen ein. Ohne die Solidarität und den Einsatz dieser Frauen* wäre der Alltag für die Betroffenen viel trister und ganz besonders in diesem Katastrophenjahr deutlich schwieriger zu meistern gewesen. «Das Engagement der freiwilligen Betreuer*innen hat die Gemeinschaft in den verschiedenen Dörfern näher zusammengerückt. Sie haben auch dazu beigetragen, den Zusammenhalt und die vielseitige Kultur zu stärken und die Lebensqualität einer Vielzahl marginalisierter Menschen zu verbessern,» bekräftigt Dr. Kim Toan.