Die Anwendung von Folter ist in Mexiko bis heute eine alltägliche und tolerierte Praxis – trotz des 2017 verabschiedeten Anti-Folter-Gesetzes. Gemäss der Gemäss der medico-Partnerorgansation Colectivo Contra la Tortura y la Impunidad (CCTI) dient in Mexiko Folter vor allem dazu, Geständnisse für Strafurteile zu erpressen. Folter wird von Militär und Polizei weiterhin systematisch angewendet und juristisch kaum geahndet. So werden Menschen eingeschüchtert und Geständnisse erzwungen, wenn ihnen eine Verbindung zur organisierten Kriminalität vorgeworfen wird. Aber auch bei Alltagskriminalität und im Zusammenhang mit der Zerschlagung sozialer Proteste finden Foltermethoden Anwendung. Häufig sind Menschen aus armen, marginalisierten Teilen der Bevölkerung, Menschenrechtsverteidiger*innen, Journalist*innen und Aktivist*innen betroffen.  Gemäss CCTI hat die Anwendung von Folter – wie das gewaltsame Verschwindenlassen und andere schwere Menschenrechtsverletzungen – den Zweck, Angst einzuflössen und soziale Proteste zu demobilisieren. Die sehr niedrige Aufklärungsquote von Fällen von Folter und Verschwindenlassen zeigt die strukturellen Defizite des Rechtsstaates und den fehlenden politischen Willen der Regierung.

Als unabhängige Organisation dokumentiert CCTI Fälle von Folter gemäss dem international anerkannten «Istanbuler Protokoll» und bietet medizinische, psychische und soziale Begleitung für politische Gefangene und Folterüberlebende sowie für ihre Familien und Gemeinschaften. Zur Prävention von Folter führt CCTI ausserdem Schulungen für die Zivilbevölkerung und Diplomlehrgänge für Gesundheitspersonal, Psycholog*innen und Anwält*innen durch und betreibt eine beharrliche Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit.

Zu einem zweiten Schwerpunkt der Arbeit von CCTI hat sich die Begleitung von Familienangehörigen von Verschwundenen entwickelt. Im Frühling 2022 verzeichnete das Nationalregister zum ersten Mal die traurige Rekordzahl von mehr als 100.000 verschwundenen Personen. Die permanente Ungewissheit darüber, ob die vermisste Person noch lebt oder tot ist, und das Fehlen von Erinnerungsorten, Begräbnis- und Trauerritualen, ist für die Angehörigen psychologische Folter.

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Ausführende Partnerorganisation

Das 2004 gegründete Kollektiv gegen Folter und Straflosigkeit (CCTI) ist eine gemeinnützige Organisation der mexikanischen Zivilgesellschaft bestehend aus Fachleuten mit langjähriger Erfahrung in der Dokumentation von schweren Menschenrechtsverletzungen und in der Begleitung von Folterüberlebenden und ihren Familien. Derzeit besteht CCTI aus zwei Arbeitsteams, eines in Mexiko-Stadt und eines in Acapulco, Guerrero. Guerrero ist seit Jahrzehnten einer der Hotspots der Gewalt in Mexiko und Acapulco führt zusammen mit San Pedro Sula (Honduras) die traurige Liste der weltweit gefährlichsten Städte an. Die prekäre Sicherheitslage vor Ort birgt für auch für CCTI erhebliche Risiken und erfordert eine hohe Wachsamkeit.

Das operative Team setzt sich aus Ärzt*innen, Psychiater*innen, Psycholog*innen / Psychotherapeut*innen, Jurist*innen und Verwaltungspersonal zusammen. Die Vision von CCTI ist ein Rechtsstaat frei von Folter, Misshandlung und anderen schweren Menschenrechtsverletzungen.