Am 15. März 2023 veranstaltete der Brückenschlag Zürich <-> Amed/Diyarbakir anlässlich der Sitzung des Gemeinderates von Zürich einen Gedenkanlass für die Opfer und Betroffenen der Erdbeben in der Türkei, Syrien und Kurdistan. medico international schweiz ist Mitglied vom Brückenschlag und war an der Gedenkveranstaltung mit dabei.


Wir sind hier versammelt, um der Opfer der unglaublichen Erdbebenkatastrophe von anfangs Februar in der Türkei, Syrien und Kurdistan zu gedenken. 50'000 Menschen sind gestorben, es dürften noch viel mehr sein, begraben unter den Trümmern der Häuser. Hundertausende von Menschen sind verletzt;  noch viel mehr haben alles verloren, alles!
 
In Amed/Diyarbakir, der Schwesterstadt des Brückenschlages, sind – soweit bekannt – 404 Tote zu beklagen. Tausende sind obdachlos. Die kurdischen Gebiete in Nordsyrien, die sich durch die militärischen Angriffe der Türkei bereits in einer äusserst schwierigen Lage befinden, wurden ebenfalls stark in Mitleidenschaft gezogen – insbesondere Afrin, Shehbah und Aleppo.
 
Wir denken an diese Verstorbenen und ihre schwer geprüften Angehörigen. (Schweigeminute)
 
Es war beeindruckend, wie schnell der kurdische Rote Halbmond «Heyva Sor a Kurd», die oppositionelle Partei der Völker HDP und unabhängige NGOs Hilfe für die Erdbebenopfer organisierten: medizinische Hilfe, Notunterkünfte, überlebenswichtige Güter trafen innert kürzester Zeit bei den Betroffenen ein.
 
Fassungslos mussten wir dann zur Kenntnis nehmen, dass diese Hilfe von den türkischen und syrischen Machthabern sabotiert und politisch missbraucht wurde und immer noch wird. Hilfsgüter der HDP wurden vom türkischen Militär beschlagnahmt, Medikamente sogar vernichtet. Ein Lastwagenkonvoi der kurdischen Selbstverwaltung mit dem für die Elektrogeneratoren dringend benötigten Diesel wurde vom syrischen Regime so lange an der Durchfahrt gehindert, bis sie fast die Hälfte der Lastwagen ausgehändigt bekamen.  Vom Erdbeben betroffene Gebiete in Nordsyrien wurden weiterhin vom türkischen Militär bombardiert! Es sind barbarische Aktionen, die wir verurteilen.
 
Umso mehr unterstützen wir die Forderungen von HDP, Heyva Sor a Kurd und unabhängigen NGOs, dass:
  • alles getan wird, damit die noch unter den Trümmern liegenden Toten geborgen und den Angehörigen für eine würdige Bestattung übergeben werden können;
  • Heyva Sor a Kurd und die HDP ihre Hilfsanstrengungen unbehelligt ausführen und die Hilfeleistungen aus dem In- und Ausland ungehindert zu ihnen gelangen können; dazu unterstützen wir die Forderung nach der Öffnung zweier zusätzlicher humanitärer Korridore zwischen der Südtürkei und den kurdischen Gebiete in Nordsyrien (Rojava). 
  • die türkischen und syrischen Machthaber die Hilfe aus dem Ausland nicht für ihre innen- oder aussenpolitischen Zwecke missbrauchen können;
  • unabhängige Untersuchungen über die Ursachen des Einsturzes unzähliger Neubauten (oder nach 1999 erbauter Gebäude) gemacht werden und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden;
  • die Menschen, die ihr Hab und Gut verloren haben, Rechtsbeistand erhalten;
  • der Wiederaufbau nicht jenen politischen Kräften – aktuelle Regierungen, Präsidenten, Parlamente – überlassen wird, die für die jetzige Katastrophe verantwortlich sind. 
Die schweizerischen Behörden – Bundesrat, Regierungsrat, Stadt- und Gemeinderat von Zürich – ersuchen wir dringlich, diese Forderungen aufzunehmen und in ihrem politischen Handeln umzusetzen. Insbesondere fordern wir sie auf, ihre Unterstützung für die Erdbebenbetroffenen und die dringend nötigen Wiederaufbaumassnahmen über jene regierungsunabhängigen Kanäle – Heyva Sor a Kurd, HDP, u.a. – zu leisten, die garantieren, dass die Hilfe den direkt Betroffenen zugute kommt und für das Überleben und den Wiederaufbau der Gemeinschaften eingesetzt wird.
 
Dies sind wir den zehntausenden von Opfern und hunderttausenden Betroffenen schuldig, deren wir heute gedenken!
 
Brückenschlag Zürich <–> Amed/Diyarbakir
15. März 2023